Der Inn
Mit einer Länge von 517 Kilometern, davon alleine in Bayern 217 Kilometer, ist der Inn nicht nur der größte nordalpine Zufluss der Donau, sondern auch der wasserreichste Fluss Bayerns.
Das Einzugsgebiet des Inn erstreckt sich über Teile Graubündens (Schweiz) und ganz Tirol (Österreich) bis er dann bei Kiefersfelden die Grenze zu Bayern (Deutschland) passiert. Dort bahnt sich der Inn seinen Weg durch das Inntal, zu beiden Seiten von imposanten Gipfeln umgeben. Weiter im Norden werden die Felswände dann durch sanfte Hügel abgelöst. In Bayern erstreckt sich sein Einzugsgebiet dann hauptsächlich über die Landkreise Miesbach, Rosenheim, Traunstein, Mühldorf, Altötting und Pfarrkirchen.
Der Inn und was heute davon übrig ist
Der Inn ist in seinem ursprünglichen Charakter ein typischer Gebirgsfluss. Er zeichnet sich durch stark wechselnde Abflussmengen, sein schnell fließendes, kaltes Wasser und den Transport von Geschiebe und Schwebstoffen aus.
Vor allem im Sommer führt der Inn auf Grund des alpinen Charakters des Einzugsgebietes viel Wasser. Der Niederschlag bei Regenereignissen im Sommer kann im alpinen Raum kaum versickern und fließt nahezu vollständig und ohne zeitliche Verzögerung über kleine Gebirgsbäche in den Inn.
In den Wintermonaten geht ein Großteil der Niederschläge als Schnee nieder und fließt somit nicht sofort ab. Dadurch hat der Inn während der Wintermonate verhältnismäßig wenig Wasser.
Mit dem Ziel der Landgewinnung und der Nutzung von Wasserkraft wurde der Fluss im Laufe der Zeit vom Menschen immer mehr begradigt und verbaut.
Die Folge: Die Staustufen verhindern, dass Kies aus den Bergen vom Inn über weite Strecken transportiert werden kann. Die natürlichen Umlagerungsprozesse des einstigen Gebirgsflusses werden durch dieses Geschiebedefizit und die Stauhaltungsdämme verhindert. Vom ursprünglichen Charakter des Inns ist heute nicht mehr viel übrig.
Der Inn und sein Farbenspiel
Im Jahresverlauf wechselt der Inn sein Erscheinungsbild. Scheint er im Sommer eher grau, wechselt seine Farbe über die Wintermonate in ein kräftiges und schönes Türkis. Dies ist auf die Schwebstoffe zurückzuführen, die der Inn transportiert.
Bei Regenereignissen kommt es im Gebirge zur Mobilisierung von Gesteinsmaterial. Insbesondere die Feinsedimente gelangen so über die Gebirgszuflüsse in den Inn. Diese Sedimente werden über weite Strecken transportiert und geben dem Inn im Sommer seine graue Farbe.
In den Wintermonaten fällt der Niederschlag im Gebirge als Schnee. Dies führt dazu, dass im Winter kaum bis kein Gesteinsmaterial ausgewaschen wird und weniger Schwebstoffe in den Inn gelangen. Auf Grund der Lichtbrechung erscheint der Inn im Winter deshalb türkis.
Der Inn und die Wasserwirtschaft
Der überwiegende Teil (ca. 27 km) der 31 km langen Ausleitungstrecke des Inns liegt im Zuständigkeitsbereich des Wasserwirtschaftsamts (WWA) Rosenheim, der verbleibende Abschnitt im Landkreis Altötting beim WWA Traunstein.
Im Rahmen der Neubewilligung des Kraftwerks Töging im Jahr 2001 durch die VERBUND Innkraftwerke GmbH wurden die jahreszeitlichen Restwassermengen und die Ziele und Maßnahmen festgelegt, um die natürliche Funktionsfähigkeit der Flusslandschaft zu verbessern und wiederherzustellen.
Seither führt das WWA Rosenheim eine Vielzahl von Maßnahmen durch, um der Flusslandschaft wieder ihren natürlichen Charakter zurückzugeben. Der hohe Auwaldanteil und der Grundbesitz des Freistaates Bayern bieten dazu günstige Voraussetzungen.
Was ist noch geplant?
Die Flusscharakteristik des Inn wurde so stark verändert, dass weitere Maßnahmen notwendig sind, um ihn seinem natürlichen Zustand näherzubringen. Das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim plant:
- die Entnahme des Uferverbaus bei Niederndorf (voraussichtlich Winter 2024/25)
- die Anbindung weiterer Seitengewässer (Grundnerbach und Wanklbach)
Studie zu Laichplatz- und Sedimentmanagement
Im Auftrag der VERBUND Innkraftwerke GmbH haben die Universität Stuttgart, die Hochschule Karlsruhe und das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim eine Studie zur gewässermorphologischen Situation am Inn durchgeführt. Im Rahmen der Studie wurden am Inn neue Laichplätze gestaltet, die Sohle aufgelockert und Kies zugegeben. Das Ziel aller Beteiligten ist es, wirksame Maßnahmen zu finden mit denen sich ein guter ökologischer Zustand des Inn erreichen lässt.
Der Inn und die Ausleitungsstrecke
Im Landkreis Mühldorf zwischen Jettenbach und Töging befindet sich der letzte frei fließende Flussabschnitt des Inns in Bayern, die Inn-Ausleitungsstrecke. Diese erstreckt sich immerhin noch auf etwas über 31 km.Durch das Geschiebedefizit zeigt sich dort am deutlichsten, wie sich der Mangel auf das Gewässersystem negativ auswirkt. Der Fluss gräbt sich regelrecht immer mehr in die Tiefe. Diese Eintiefungen der Sohle führen dazu, dass sich Aue und Flussbett fast vollständig voneinander trennen. Bedingt durch die eingeschränkte Flussdynamik verschwanden außerdem die Kies- und Sandbänke, Steilufer und Nebenrinnen fast vollständig.
Der Gewässerentwicklungsplan (GEP) Inn
In und an der Inn-Ausleitungsstrecke führen wir mehrere Renaturierungsmaßnahmen durch. Diese sind im Gewässerentwicklungsplan (GEP) festgehalten. Er enthält alle Entwicklungsziele und Maßnahmen, mit denen sich die natürliche Funktionsfähigkeit der Flusslandschaft innerhalb der Ausleitungsstrecke verbessern und wiederherstellen lässt.
Gewässerbewirtschaftung nach Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)
Die EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet die EU-Staaten Flüsse, Seen und das Grundwasser zu schützen.
Wie wir diese Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie an der Inn-Ausleitungsstrecke umgesetzt haben, erfahren Sie nachfolgend:
Schräge Schüttsteinschwellen
Zur Stabilisierung der Gewässersohle, also um zu verhindern, dass sich der Fluss weiter eintieft, haben sich im Wasserbau sogenannte Sohlschwellen seit vielen Jahren bewährt. Am Inn wurden diese Sohlschwellen als schräge Schüttsteinschwellen umgesetzt. Hierbei werden, wie der Begriff vermuten lässt, die Wasserbausteine beim Einbau nicht gesetzt, sondern schräg zur Flussachse geschüttet. Zusätzlich zur Sohlfixierung soll durch die Schüttsteinschwellen eine kontrollierte Umlagerungssituation (größere Abflüsse wirken allmählich am Außenufer, kleinere Abflüsse werden an das Innenufer gedrückt), die Wiederanbindung von Seitengewässern und die Vermeidung der Bildung gewässeruntypischer Strukturen erreicht werden. Neben der Seitenerosion, der Sohlstabilisierung und der Erhöhung des Innwasserspiegels müssen auch die gewässer- und fischökologischen Belange berücksichtigt werden.
Die ersten Schüttsteinschwellen wurden 2002 im Bereich Ebing erstellt. Weitere Maßnahmen erfolgten anschließend im Bereich Gweng. Bei diesen ersten Maßnahmen galt es noch Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Ausgestaltung, Höhe, der Lage zur Flussachse und den Auswirkungen auf die Seitenerosion, Standsicherheit und Sohlfixierung zu erlangen.
Nachdem die ersten Erfahrungen zur Wirkung der Schüttsteinschwellen gesammelt wurden, wurden die folgenden Schwellen immer weiter optimiert. Ein wichtiges Kriterium für die Wirksamkeit der Seitenerosion ist zum Beispiel der Winkel der Bauwerksachse zur Gewässerachse. Durch die optimierte Lage der Schüttsteinschwelle kann die Strömung gezielt umgelenkt werde, sodass es zu einer gezielten Erosion der Uferbereiche kommt. Durch eine breitere Ausführung sind die Schüttsteinschwellen auf den ersten Blick nicht mehr als künstliches Bauwerk zu erkennen und sind wesentlich besser in die Gewässerlandschaft eingebunden.
Die Schwellen bestehen aus 10.000 bis 15.000 Tonnen Wasserbausteinen, 2.000 m³ Grobkies und 1.500 m³ Wandkies.
Luftaufnahme des Inn bei Ecksberg von Februar 2024. Die schrägen Schüttsteinschwellen sorgen dafür, dass das Wasser bei geringen Abflussmengen an das Ufer der Innenkurve und bei hohen Abflüssen an das Ufer der Außenkurve gelenkt wird.
Entfernung von Uferbefestigungen
Die Ufer des Inn sind in der Ausleitungsstrecke über weite Strecken fest mit Wasserbausteinen verbaut. In den letzten Jahren wurde die Uferbefestigung an insgesamt 1.800m Böschung wieder ausgebaut. Die dabei entfernten Steine wurden vor Ort wieder als Strukturelemente im Flusslauf eingebaut. Diese Strukturelemente tragen zu einer Erhöhung der Strömungsvarianz bei und können von Fischen als Laichplätze genutzt werden. Durch die Entfernung der Uferbefestigungen kann sich wieder ein natürlicheres Ufer mit unterschiedlichen Neigungen und damit unterschiedlichen Lebensräumen ausbilden.
Oktober 2018 bis März 2019: Zwischen Ensdorf und Wörth (Flusskilometer 117,0 bis 119,0) haben wir Steine auf etwa 600 Meter Länge entfernt. Etwa 6.000 Tonnen Kies sollen als natürliches Sediment dienen.
November bis Dezember 2020: Auch bei St. Erasmus bei Waldkraiburg (Flusskilometer 123,9 bis 124,2) haben wir den Inn auf einer Länge von etwa 300 Metern von Uferbefestigungen befreit und insgesamt 5.000 Tonnen Kies für Laichplätze hinzugefügt.
Januar bis April 2021: Im Rahmen einer Ökomaßnahme wurde bei Gweng (Flusskilometer 112,0 bis 112,6) auf etwa 600 Meter Länge Uferbefestigung ausgebaut – inklusive eines dahinterliegenden, "älteren" Verbaus. Aus dem daraus gewonnenen Material wurden kleine Strukturelemente geschaffen.
Weitere Maßnahmen
Kleinstrukturen in Maximilian
Bei Maximilian, Gemeinde Kraiburg am Inn, wurden 2018 mit etwa 4.000 Tonnen Wandkies Kieslaichplätze im Inn strukturiert. Der Kies wurde dem Wasserwirtschaftsamt von einer Baustelle zur Verfügung gestellt. Leider war von diesen Strukturen nach einem kleineren Hochwasser im Folgejahr nicht mehr viel übrig. Dies bestätigt allerdings auch das vorliegende Geschiebedefizit. Der beste Wasserbauer ist der Fluss selbst. An anderer Stelle hat sich der Inn damit wieder Strukturen geschaffen.
Umgehungsgerinne Wehr Jettenbach
Staustufen und Wehranlagen unterbrechen den Flusslauf für wandernde Fische und kleinere Wassertiere. Der Umgehungsbach an der Wehranlage Jettenbach ermöglicht es der Wehranlage auszuweichen. Mit einer Länge von etwa 900 Metern ist der Umgehungsbach einer der Größten in Bayern und entspricht mit einem Abfluss von ca. 1 m3/s einem kleinen Fluss. Er stellt nicht nur die unterbrochene Verbindung wieder her, sondern ist auch ein bedeutender neuer Lebensraum und dient als Laichgewässer. Im Zuge des Neubaus der Wehranlage Jettenbach wurde das Umgehungsgerinne durch die Verbund Innkraftwerke an das neue Stauziel angepasst.
Der Umgehungsbach am Wehr Jettenbach dient als Wanderhilfe für Fische und kleine Lebewesen.
Engineered Log Jams
Bei Gweng wurden 2023 sogenannte Engineered Log Jams in den Inn eingesetzt. Dabei handelt es sich um naturnahe Strukturen aus Totholz. Log Jams werten den Fluss ökologisch auf, indem sie die Strömungsvielfalt in einem sonst sehr eintönigen Gewässerabschnitt erhöhen und damit Lebensräume für Fische und sonstige Gewässerlebewesen schaffen. Außerdem bietet das Totholz Lebensraum für Fischnährtiere. Dadurch entsteht ein Nahrungsraum für Fische. Weiterhin dienen Engineered Log Jams auch als Unterstand für die Fische.Die Log Jams werden in der Regel mit Holzpflöcken in der Sohle verankert, um ein Abdriften - auch im Hochwasserfall - zu verhindern. Bei Gweng besteht die Gewässersohle allerdings aus Flinz, einem festen Gestein, wodurch die Verankerung mit Holzpflöcken nicht möglich war. Die Log Jams wurden deshalb in diesem Fall mit Steinen beschwert.
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